Als Freiwillige haben wir die Möglichkeit, uns zwischen den Medien Text, Fotografie und Video zu entscheiden. Dabei ist uns die Themenwahl selbst überlassen. Die Arbeit soll jedoch im Einvernehmen mit der Einsatzstelle konzipiert und umgesetzt werden. Dieses Medienprojekt ist während meiner Zeit in den Botanischen Sammlungen Belvedere entstanden.
Ganzjähriges Farbenspiel
Was tut sich in den Glashäusern, während draußen die Natur ruht? Tatsächlich findet man bei näherer Betrachtung eine große Auswahl an äußerst unterschiedlichen Blüten. Diese Fotoserie präsentiert einige Highlights, welche alle im Jänner 2024 aufgenommen wurden. Vor allem während der Wintermonate, wenn sich im Freien die meisten Pflanzen in der Ruhephase befinden, ist die Freude an schönen Blüten besonders groß. Deswegen möchte ich aufzeigen, welche Vielfalt an Farben und Formen sich in den Glashäusern im Belvederegarten verbirgt.
Aktuell besteht das Team der Botanischen Sammlungen Belvedere aus vier Gärtnerinnen und Gärtnern, einem Lehrling und einer Freiwilligen, also mir. Es ist also eine überschaubare Anzahl an Personen, die viele Tausend Pflanzen kultivieren. Da überrascht die Tatsache nicht, dass es üblicherweise nicht an Arbeit mangelt. Doch obwohl die alltäglichen Tätigkeiten manchmal sehr anstrengend sein können, ist es für mich von großer Bedeutung, den wertvollen Gewächsen Aufmerksamkeit zu schenken. Denn sie sind der Grund, weshalb ich freiwillig bei den Österreichischen Bundesgärten arbeite, und es ist eine eindrucksvolle Erfahrung, an der Pflege solch besonderer Pflanzen beteiligt zu sein.
Spektakuläre Bromeliengewächse
Zunächst lohnt es sich, einen Blick in das historische „Tiefe Haus“ zu werfen, welches unter Denkmalschutz steht. Die lange Tradition der Bundesgärten wird an diesem Beispiel besonders greifbar, denn wirklich alles ist Handarbeit: sogar die Lüftungen müssen manuell über eine Kurbel geöffnet und geschlossen werden. Bei 15 °C bis 18 °C stehen und hängen hier Pflanzen aus der Familie der Bromeliengewächse (Bromeliaceae). Deren vorwiegend intensiv gefärbte Hochblätter sowie Blüten ziehen sofort das Auge auf sich und sind wahre Stimmungsaufheller. Die bekannteste Vertreterin ist wohl die Ananas (Ananas comosus), deren Früchte sich großer Beliebtheit erfreuen. Da sie zurzeit nicht blühen, war es mir nicht möglich, Blüten von Ananas zu fotografieren. Bromeliengewächse stammen aus tropischen Regionen und bevorzugen daher im Vergleich zu den restlichen Pflanzen der Sammlungen eine höhere Luftfeuchtigkeit. Deswegen wird in den wärmeren Monaten häufig „gesäuselt“. Das bedeutet, eine besonders feine Düse wird an den Schlauch, der auch zum Gießen dient, angeschlossen und die Pflanzen werden mit dem entstehenden Wassernebel benetzt. Auf diese Weise sollen die Effekte eines tropischen Regenschauers imitiert werden. Eine der Tätigkeiten, bei denen ich bereits mitarbeiten konnte, ist das jährliche Umtopfen der Pflanzen in den Hängetöpfen. Dabei habe ich gelernt, dass es wichtig ist, die Bromeliengewächse durch kräftiges Andrücken der Erde gut zu befestigen, damit sie an Standfestigkeit gewinnen. Denn die Pflanzen vermehren sich über Kindel und wenn diese ins Substrat eingesetzt werden, haben sie meist noch keine Wurzeln.
Vielfältige Neuholländer
Auch in den Kalthäusern gibt es zu dieser Zeit Eindrucksvolles zu sehen. So zeigen sich viele Gewächse aus Südafrika und Australien (Neuholländer) gerade von ihrer schönsten Seite. Von den orangen Blütenständen der Süßen Akazie (Acacia farnesiana), die an Pompons erinnern, bis zu den gelben fünfzähligen Blüten der Silberblattkassie (Cassia eremophila) ist für wirklich jeden Geschmack etwas dabei. Interessanterweise haben viele Neuholländer keine deutschen Trivialnamen, möglicherweise weil sie im deutschsprachigen Raum kaum kultiviert werden. Diese Pflanzen befinden sich im Winter bei 12 °C bis 15 °C im Glashaus, jedoch werden sie während der Sommermonate im Freien kultiviert. Dies betrifft jedoch nicht nur die Neuholländer, sondern Gewächse aus verschiedenen Bereichen der Sammlungen. Lediglich im „Tiefen Haus“ findet man fast ausschließlich Pflanzen, die das ganze Jahr über an Ort und Stelle bleiben. Dies hat in erster Linie logistische Gründe, denn das „Tiefe Haus“ ist in die Erde eingesenkt und nur über eine schmale Treppe begehbar, was den Transport von Pflanzen sehr umständlich macht. Außerdem gibt es noch ein weiteres Glashaus, den „Block“, in dem ausschließlich Neuholländer stehen. In einer Ecke des Hauses ist der Boden abgesenkt, um Platz für besonders hohe Exemplare zu schaffen. Ende Februar, während ich diesen Blogbeitrag verfasse, ist das Umtopfen der Neuholländer gerade voll im Gange. Jedoch müssen glücklicherweise nicht alle Pflanzen jedes Jahr umgesetzt werden, da es bei vielen Gewächsen genügt, die Wurzeloberfläche aufzurauen, um die Wasseraufnahme zu verbessern.
Zarte Heidekrautgewächse
Darüber hinaus beherbergen die Glashäuser auch mehrere tausend Pflanzen aus der Familie der Heidekrautgewächse (Ericaceae), welche die kalte Jahreszeit bei 10 °C bis 13 °C verbringen. Manche von ihnen haben solch winzige Blüten, dass es mit bloßem Auge schwierig ist, Details wie Staubblätter zu erkennen. Doch gerade aus diesem Grund war es mir wichtig, die zarten Blüten aus der Nähe zu fotografieren, um ihre ganze Pracht einzufangen. Ein absoluter Höhepunkt meines bisherigen Einsatzes war es, an der Vermehrung der Heidekrautgewächse teilhaben zu dürfen. Diese fand zuletzt im Jänner statt und dauerte etwas mehr als zwei Wochen. Dabei werden zunächst die Stecklinge zugeschnitten und einige der untersten Blätter entfernt. Anschließend taucht man das Stielende in pulverförmige Bewurzelungshormone, um das Anwurzeln zu fördern. Dann werden die Stecklinge in Tonschalen gesetzt, die mit gesiebtem Substrat befüllt und mit Glasplatten bedeckt sind. Das Ziel ist es, eine möglichst hohe Luftfeuchtigkeit zu erreichen. Allerdings müssen die Glasplatten auch regelmäßig gewendet werden, damit nicht zu viel Kondenswasser auf die Stecklinge tropft. Für einige Zeit stehen die Schalen auf beheizten Tischen und werden mehrmals am Tag in Wasserbecken getaucht oder angesprüht. Ab Ende Februar, wenn sich abzeichnet, bei welchen Arten die Vermehrung nicht erfolgreich war, werden von den betroffenen Pflanzen noch einmal Stecklinge gewonnen. Insgesamt wächst nur ein Bruchteil der Triebe zu größeren Pflanzen heran, doch das ist prinzipiell nichts Ungewöhnliches. Dank ihres Fachwissens sowie der beruflichen Erfahrung können die Gärtnerinnen und Gärtner abschätzen, welche Arten besonders sensibel sind, und entsprechend mehr Stecklinge ziehen.
Dieses Medienprojekt wurde von Einsatzstellen und Teilnehmenden des Freiwilligen Umweltjahres FUJ im Rahmen des FUJ-Lehrgangs gemeinsam umgesetzt.
Rosa Maria Zimmeter