Aus dem kalten Wien, wo ich in der Botanischen Sammlung von Schönbrunn arbeite, ins feuchtheiße Costa Rica, wo ich in den Regenwald eintauchte – diese Reise erweiterte meinen Horizont und ermöglichte es mir, die tropischen Pflanzen „meiner“ Gewächshäuser in ihrer natürlichen Umgebung kennenzulernen. Doch nicht nur das: Ich war auch Teil eines Artenschutzprojekts im Regenwald der Österreicher, bei dem ich aktiv dazu beitrug, die einzigartige Flora und Fauna zu erhalten.
Ab in den Süden ...
Am 4. Januar 2024 begann meine Reise in die faszinierende Welt der Tropen, als ich meine Hospitation an der Tropenstation La Gamba in Costa Rica antrat. Die Hospitation beinhaltet die aktive Mitarbeit an einem Artenschutzprojekt sowie die Erstellung einer schriftlichen Arbeit. Die Wahl bei einem Artenschutzprojekt in Costa Rica mitzuarbeiten, traf ich bewusst als Tropengärtnerin, da ich darin den größten Nutzen für meine Arbeit sehe. Meine Erfahrungen aus der Botanischen Sammlung Schönbrunn, wo ich mich intensiv mit der Erhaltung tropischer Flora beschäftige, motivierten mich, die Möglichkeiten zur Kultivierung und somit zum Schutz dieser Pflanzen in Costa Rica kennenzulernen. Die Aussicht, Einblicke in die einzigartigen tropischen Ökosysteme zu gewinnen, war für mich eine einmalige Gelegenheit, die ich nicht versäumen wollte.
Costa Rica, eines der artenreichsten Länder der Erde, bietet mit seinen 6 % der weltweiten Biodiversität und über 160 Schutzgebieten einen beeindruckenden Reichtum an Natur. Besonders inspirierend war die bemerkenswerte Wende der costa-ricanischen Regierung, die die Entwaldung des Landes nahezu gestoppt hat. Mit gezielten Aufforstungsmaßnahmen ist es gelungen, den Waldanteil auf 50 % des Landes zu erhöhen und damit die wertvolle tropische Flora zu schützen.
Die Tropenstation La Gamba, eingebettet im Süden Costa Ricas am Rande des Nationalparks Piedras Blancas, erwies sich als ideale Basis für mein Vorhaben. Mit ihrem klimatisierten Labor, dem botanischen Garten und der eigenen Baumschule bietet sie optimale Bedingungen für Forschung und Praxis. Besonders beeindruckend war die Entstehungsgeschichte der Station, die dem Enkel Arthur Schnitzlers zu verdanken ist und durch den Verein Regenwald der Österreicher gegründet wurde, um den Esquinas-Regenwald zu schützen.
Grüne Korridore
Während meiner Hospitation lernte ich viel über das Projekt COBIGA, das die Bemühungen um den biologischen Korridor La Gamba vorantreibt. Dieser Korridor soll den Piedras Blancas Nationalpark mit den Bergregenwäldern des Gebirgszuges Fila Cal verbinden und ist Teil eines Netzwerkes von biologischen Korridoren in Costa Rica. Die wissenschaftliche Begleitung des Projekts durch die Universität Wien und die Universität für Bodenkultur sowie die finanzielle Unterstützung von verschiedenen Organisationen ermöglichen eine nachhaltige Entwicklung dieser wichtigen Lebensräume.
Um den biologischen Korridor zu erweitern, werden Grundstücke erworben, welche mittlerweile alte Plantagen oder aufgegebenes Weideland sind. Diese Flächen werden dann mit einer Vielzahl von bis zu 100 verschiedenen einheimischen Baumarten bepflanzt, um einen neuen Regenwald zu schaffen. Diese wiederbepflanzten Grundstücke bilden ein grünes Band, das sich von einem Nationalpark zum anderen erstreckt. Dies dient dazu, die Nationalparks miteinander zu verbinden und den heimischen Tieren und Pflanzen einen Weg zur Wanderung und besseren Verbreitung zu ermöglichen.
Nazareno und Guabo Real
Während meines zweiwöchigen Aufenthalts auf der Station lernte ich unter anderem eine Menge über zwei Pflanzenarten, Peltogyne purpurea und Inga spectabilis. Diese zwei Baumarten werden bei jeder Wiederbewaldung gepflanzt.
Nazareno, wie Peltogyne purpurea in Costa Rica genannt wird, ist ein imposanter Baum mit einer potenziellen Höhe von bis zu 50 Metern. Er ist in Costa Rica, Panama und Kolumbien in Höhenlagen von 50-500 Metern verbreitet. Mittlerweile ist diese Art sehr selten geworden, da das Holz eine auffällige purpurne Farbe besitzt und deswegen sehr häufig geschlägert und zu Möbelholz verarbeitet wurde. Da er sehr langsam wächst, benötigt er dringend Schutz und wird gezielt vermehrt.
Guabo Real, auch bekannt als Inga spectabilis, ist im Gegensatz dazu ein kleiner, immergrüner Baum mit einer Höhe von 5-20 Metern. Seine attraktiven Blüten und Früchte dienen einer Vielzahl von Tieren als Nahrung und fördern die natürliche Vermehrung und Arealerweiterung. Durch seinschnelles Wachstum und die Fähigkeit, den Boden durch Stickstofffixierung zu verbessern, ist Guabo Real eine ökologisch wertvolle Baumart.
Die Erhaltung und Anpflanzung dieser Baumarten ist entscheidend für den Schutz der Biodiversität und die nachhaltige Entwicklung der Ökosysteme, insbesondere in tropischen Regionen wie Costa Rica.
Vielfalt an Orchideen
Da ich in der Botanischen Sammlung Schönbrunn in der Abteilung der tropischen Orchideen tätig bin, war ich besonders daran interessiert, mehr über diese faszinierenden Pflanzen in Costa Rica zu erfahren. Im Stationsgarten befindet sich eine eigene Schauwand mit epiphytischen Orchideen, die auf Baumfarnstämmen befestigt sind. Ich unterstützte das Team dabei, diese Orchideen neu zu sortieren, zu etikettieren und auf neuen Stämmen aufzubinden. Einige der hier heimischen Arten sind mir bereits aus „meinen“ Gewächshäusern bekannt, darunter Arten der Gattungen Maxillaria, Oncidium und Gongora.
Neue Herausforderungen
Die Station umfasst auch die Finca Modelo, eine Modellfarm, auf der Obst und Gemüse für die Stationsküche mittels Permakultur angebaut wird. Auch dort konnte ich den Gärtnern bei ihrer Arbeit helfen und mich einbringen. Das Gärtnern in den Tropen war aber auch teilweise eine Herausforderung für mich. Obwohl ich hohe Temperaturen und Luftfeuchtigkeit aus den Gewächshäusern gewohnt bin, war es eine ganz neue Erfahrung, diese Bedingungen in der Natur zu erleben. Der Umgang damit war neu für meinen Körper. Zudem war ich stets wachsam, da es im Garten der Station und auf der Modellfarm zu Begegnungen mit äußerst giftigen Reptilien oder Spinnen kommen konnte. Im Gegensatz zu den einheimischen Gärtnern war ich darauf nicht gefasst. Mit der Zeit jedoch gewöhnte ich mich daran, und das Arbeiten in der Natur fiel mir immer leichter.
Besonders beeindruckend war für mich das Engagement der einheimischen Gärtner, die trotz begrenzter Ressourcen und einfachen Kulturmethoden erfolgreich Naturschutz und Wiederbewaldung betreiben. Ihr Wissen und ihre Leidenschaft für die Natur waren spürbar und inspirierten mich nachhaltig.
Die Zeit in Costa Rica war für mich nicht nur eine fachliche Bereicherung, sondern auch eine persönliche Erfahrung, die meinen Blick auf die Bedeutung von Natur- und Umweltschutz nachhaltig geprägt hat. Ich bin meiner Dienststelle und dem Verband Botanischer Gärten zutiefst dankbar, dass sie mir diese unvergessliche Reise ermöglicht haben.
Nadine Amtmann